Von “gestern noch süss” zu “heute ein Tyrann” – Wenn die Pubertät eintrifft, fühlen sich viele Eltern ohnmächtig. Doch keine Sorge, gemeinsam finden wir Wege, die Pubertät zu verstehen und eine starke Bindung zu unseren Kindern aufzubauen. Es interessiert dich? So bleibe dran!
Schon lange gewünscht möchte ich einen Beitrag über die Pubertät und das Verständnis für unsere Kinder während dieser Phase verfassen. Oder besser einer von vielen folgenden! Wenn die Pubertät einzieht, erreicht manche Familie erstmals eine Ohnmacht, mit der sie meinen nicht klarkommen zu können. Mein Kind hat doch bis gestern zu mir aufgesehen und jetzt tyrannisiert es mich? Was ist denn passiert? Was habe ich falsch gemacht?
- Andere Eltern zeigen gefühlt mit dem Zeigefinger auf Eltern
- Wir machten im Umgang mit der Pubertät anfangs alles falsch
- Ich musste als Mutter loslassen
- Pubertät verstehen: Eine Herausforderung für Eltern
- Die Abgrenzung von der Mutter: Ein natürlicher Prozess
- Wie kann man die Bindung stärken?
- Fazit: Pubertät verstehen und gestärkt daraus hervorgehen
Andere Eltern zeigen gefühlt mit dem Zeigefinger auf Eltern
Eltern, deren Kinder noch nicht in der Pubertät sind, lächeln und deuten die widersprechenden Pubertierenden als ungezogene Kinder, und nicht oft meinen sie, dass sie vorgesorgt hätten und dies ihnen nie passieren würde. Und dann kommt es doch: Die Pubertät erreicht jede Familie urplötzlich wie ein Sturm und bringt erst einmal ganz viel durcheinander!
Bei uns als Grossfamilie hat die Pubertät erstmals die Familie auseinander gerissen: Vorher waren wir jedes Wochenende zusammen und verbrachten den Sonntag mit Freunden oder Familie. Und plötzlich wollte der Grosse nicht mehr. Wir zwei Erwachsenen seien langweilig und seine Schwestern nervig und peinlich. Mit dieser Veränderung muss man erst mal zurechtkommen! Doch wie nur?
Wir machten im Umgang mit der Pubertät anfangs alles falsch
Anfangs war für mich klar, dass ich die Situation kaum aushalten könnte. Unser Grosser rebellierte sowohl zuhause als auch in der Schule. Doch wie wohl viele reagierten wir anfangs falsch. Wir konnten nicht verstehen, was sein Problem war und taten automatisch das, was die Situation nicht entschärfte, sondern verschlimmerte: Wir zogen die Schraube an. Wir hörten viel von anderen, erinnerten uns selbst an unsere Jugend, googelten, etc. Der grösste Teil der Informationen war eindeutig in die Richtung der Züchtigung und Konsequenz im Umgang mit Pubertierenden. Wir machten unserem Grossen also klar, wer hier im Haus der Chef ist und wer bestimmt. Erhielten wir ein Telefon von der Schule, sprachen wir mit ihm nicht etwa verständnisvoll, sondern wir motzten und gaben ihm unmissverständlich zu verstehen, dass wir nicht verstehen würden, warum er sich in der Schule nicht gut verhalte.
Unser Sohn tappte irgendwie von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen ohne Ruhephase. Es wurde nicht besser, und die Situation immer emotionsgeladener. Da sagte ich “Stopp, so geht es nicht weiter”. Ich meldete mich bei einer Psychologin. Unser Grosser war so verzweifelt, dass er sogar mitkam.
Ich musste als Mutter loslassen
Den ersten Schock hatte ich zu verdauen, als die Psychologin mit ihm alleine sprechen wollte. Hatte ich doch den Drang, die Situation zu erklären. Doch die Psychologin wollte unvoreingenommen mit ihm reden, ohne mich. Dies irritierte mich. Als Elternteil ist man vom Tag der Geburt stark verbunden und entscheidet alles über die Kinder. Und plötzlich gibt es hier eine Person, die den Sohn anhört, ohne meine eigene Version? Ich versuchte mich zu beruhigen.
Der zweite Schock kam, als die Psychologin mir erzählte, dass der Grosse sich nicht geliebt fühle. Sofort fing ich an, mich zu erklären, tatitata. Doch sie unterbrach mich. Sie sagte mir, dass es nicht wichtig sei, was wir als Eltern fühlen, sondern, was bei ihm ankomme. Da war es wieder das 4-Ohren-Modell der Kommunikation, das wir schon in der Schule behandelt hatten: Der/die Senderin sendet eine Nachricht mit 4 Schnäbeln, und der/die Empfängerin hört die Nachricht mit 4 verschiedenen Ohren.
Oh mein Gott, ich verstand, dass sich bei uns etwas Grundlegendes ändern musste. Wir müssen unbedingt aus dieser Negativ-Spirale raus. Der Grosse muss sich wieder aufgehoben fühlen zuhause und nicht nach dem Stress, den er in der Schule hatte, gerade noch einen von uns auf den Deckel kriegen.
Kennst du solche Situationen?
Pubertät verstehen: Eine Herausforderung für Eltern
Die Pubertät ist eine aufregende, aber auch turbulente Zeit im Leben eines jeden Jugendlichen. Für Eltern kann sie jedoch zu einer echten Herausforderung werden. Denn plötzlich verändert sich das geliebte Kind und zeigt Verhaltensweisen, die man so bisher nicht kannte. Es kann sich anfühlen, als ob man sein eigenes Kind nicht mehr versteht und als ob man die Verbindung zu ihm verliert.
Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich als Mutter unserer Grossfamilie mit der Pubertät unseres ältesten Sohnes konfrontiert wurde. Von einem Tag auf den anderen schien er sich von uns zu distanzieren, war launisch und reagierte oft gereizt auf unsere Versuche, mit ihm zu kommunizieren. Ich fragte mich, was passiert war und ob ich irgendetwas falsch gemacht hatte.
In dieser Zeit durchforstete ich unzählige Bücher und Online-Ressourcen, um zu verstehen, was in der Pubertät vor sich geht und wie ich als Mutter am besten damit umgehen kann. Dabei stiess ich auf die Studie von Nelson et al. (2017), die sich mit der Beziehung zwischen Müttern und ihren Söhnen während der Adoleszenz beschäftigt. Die Ergebnisse waren für mich sehr aufschlussreich und halfen mir, die Veränderungen, die mein Sohn durchmachte, besser zu verstehen.
Wenn du mehr über die Ablösung von der Mutter während der Pubertät und Tipps zur Stärkung der Bindung zu deinem Sohn erfahren möchtest, dann lade ich dich herzlich ein, meinen anderen Beitrag zu lesen:
Dort teile ich fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse gespickt mit meinen persönlichen Erfahrungen und Hacks, die mir geholfen haben, die Pubertät meines Sohnes besser zu verstehen und eine liebevolle Verbindung aufrechtzuerhalten.
Die Abgrenzung von der Mutter: Ein natürlicher Prozess
Laut der Studie von Nelson et al. (2017) erleben Jungen während der Pubertät eine Phase der Ablösung von ihren Müttern. Dieser Prozess der Abgrenzung ist ein natürlicher Teil ihrer Entwicklung und bedeutet nicht, dass sie ihre Mütter nicht mehr lieben oder schätzen. Vielmehr zeigt es, dass sie ihren eigenen Weg suchen und ihre Autonomie entdecken wollen.
Als Eltern kann es schwer sein, diese Veränderung zu akzeptieren, besonders wenn man sich zuvor eine enge Bindung zum Kind aufgebaut hat. Manche Eltern fühlen sich dabei sogar verletzt oder abgelehnt. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass die Ablösung von der Mutter eine notwendige Entwicklungsaufgabe für den Sohn ist, um zu einem eigenständigen Erwachsenen heranzuwachsen.
Wie kann man die Bindung stärken?
Trotz der Herausforderungen, die die Pubertät mit sich bringt, gibt es Möglichkeiten, die Bindung zwischen Mutter und Sohn zu stärken und eine gesunde Beziehung aufrechtzuerhalten. Hier sind einige Tipps, die mir geholfen haben:
- Kommunikation auf Augenhöhe: Statt autoritär zu agieren, ist es wichtig, mit dem Sohn auf Augenhöhe zu kommunizieren und seine Meinung und Gefühle ernst zu nehmen.
Bindungen stärken & Probleme lösen: Die Macht der offenen Kommunikation in der Familie - Zeit für Gespräche: Schaffe bewusst Zeit für Gespräche und zeige Interesse an den Interessen und Erlebnissen deines Sohnes.
- Verständnis und Empathie: Versuche, die Perspektive deines Sohnes zu verstehen und sei einfühlsam bei seinen Sorgen und Problemen.
Fazit: Pubertät verstehen und gestärkt daraus hervorgehen
Die Pubertät ist zweifellos eine herausfordernde Zeit für Eltern, aber sie bietet auch die Möglichkeit, die Beziehung zu den Kindern auf eine neue Ebene zu heben. Indem wir die Veränderungen, die während der Pubertät auftreten, verstehen und mit Empathie darauf reagieren, können wir unsere Kinder auf ihrem Weg zu eigenständigen Erwachsenen unterstützen. Die Studie von Nelson et al. (2017) hat mir geholfen, die Ablösung von der Mutter als natürlichen Prozess zu sehen und hat mich ermutigt, mich auf diese spannende Reise der Pubertät mit meinem Sohn einzulassen.
Pubertät verstehen und gemeinsam gestärkt daraus hervorgehen – das ist mein persönliches Fazit aus dieser lehrreichen Zeit. Als Mutter einer Grossfamilie werde ich weiterhin neugierig und aufgeschlossen sein, um meine Kinder in ihren individuellen Entwicklungsphasen bestmöglich zu begleiten.
Ratgeber für die Kindererziehung: Kinder brauchen keine perfekten Eltern, aber sie brauchen Eltern, die wie Leuchttürme sind
Quelle:
- Nelson, L. J. et al. (2017). Mothers’ and Sons’ Closeness and Conflict During Adolescence: The Moderating Role of Child Negative Affect. Journal of Research on Adolescence, 27(2), 330-341. doi: 10.1111/jora.12268.